Respiratorische Insuffizienz
Bei respiratorischer Insuffizienz handelt es sich um eine Störung:
- des pulmonalen Gasaustausches, also des Gasaustauschs in der Lunge
- der Lungendurchblutung oder
- der Lungenventilation.
Diffusionsstörungen und Ventilationsstörungen
Der Gasaustausch in der Lunge findet in den Alveolen statt. Über die sogenannte Blut-Luft-Schranke gelangt Sauerstoff ins Blut der Kapillaren und Kohlendioxid wird aus dem Blut abtransportiert. Unterschieden wird bei respiratorischer Insuffizienz zwischen Diffusionsstörungen und Ventilationsstörungen.
Liegt eine Diffusionsstörung vor, wird der Austausch der Atemgase durch die Blut-Luft-Schranke behindert. Die Folge sind veränderte Blutgaswerte. Der Körper wird mit zu wenig Sauerstoff versorgt (Hypoxämie). Kommt es auch zu einer Störung bei der Diffusion von Kohlendioxid, führt dies zu einem erhöhten Kohlendioxidanteil im Blut (Hyperkapnie).
Neben Diffusionsstörungen gibt es auch Ventilationsstörungen, dabei ist die Atemmechanik (Atempumpe) beeinträchtigt. Hierbei wird zwischen restriktiven und obstruktiven Störungen unterschieden. Eine restriktive Störung liegt vor, wenn z. B. durch ein Thoraxtrauma die Dehnbarkeit der Lunge eingeschränkt ist. Bei einer obstruktiven Störung kommt es zu einer Verengung der Atemweg, z. B. durch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Asthma bronchiale.
Schweregrad, Verlauf, Manifestation
Respiratorische Insuffizienz ist nicht gleich respiratorische Insuffizienz. Fachleute unterscheiden hier nach Schweregrad, Verlauf sowie Manifestation der Erkrankung:
Beim Schweregrad wird zwischen hypoxischer respiratorischer Insuffizienz, einer isolierten arteriellen Hypoxämie (zu niedriger Sauerstoffgehalt im Blut), und hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz, einer Hypoxämie mit zusätzlicher Hyperkapnie (zu hoher Kohlendioxidgehalt im Blut), unterschieden.
Beim Verlauf zwischen akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI) mit raschem Verlauf und chronischer respiratorischer Insuffizienz (CRI) mit längerer Entwicklungszeit, verursacht z. B. durch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
Bei der Manifestation schließlich zwischen latenter respiratorischer Insuffizienz, die nur unter Belastung auftritt, und manifester respiratorischer Insuffizienz, die auch im körperlichen Ruhezustand auftritt.
Vielfältige Ursachen: Lungenentzündung, Muskelschwäche oder Lungenfibrose
Für respiratorische Insuffizienz gibt es verschiedene Ursachen, wie Störungen, die das Lungengewebe schädigen, die Atemmuskulatur beeinträchtigen oder die Atemwege blockieren.
- schwere Lungenentzündungen
- Lungenverletzungen
- Schlafapnoe
- ein niedriger Schilddrüsenhormonspiegel
- Lungenfibrose
- Muskelschwäche z. B. bei Patienten mit ALS
- Ruhigstellung durch Medikamente
- Narbenbildung im Lungengewebe
- aber auch zu viel Flüssigkeit in der Lunge (Lungenödem) z. B. aufgrund von Herzinsuffizienz.
Von Kurzatmigkeit bis Atemnot oder Koma: Symptome und Krankheitsverlauf
Das Spektrum der Symptome bei respiratorischer Insuffizienz reicht von Kurzatmigkeit, über bläuliche Hautverfärbungen, Schläfrigkeits- und Verwirrungszustände bis hin zu schwerer Atemnot.
Bei akuter respiratorischer Insuffizienz treten die Erkrankungssymptome ausgeprägter auf als bei einer chronischen respiratorischen Insuffizienz, da der Körper hier teilweise Mechanismen einsetzt, die die Krankheitssymptome kompensieren.
Grundsätzlich lassen sich eine Frühphase, eine Verlaufsphase sowie eine Spätphase voneinander unterscheiden.
In der Frühphase setzt der Körper auf Kompensation der Insuffizienz durch gesteigerte Atemfrequenz, eine erhöhte Herzfrequenz, einen gesteigerten Blutdruck sowie die Nutzung der Atemhilfsmuskulatur. Symptome können Schwitzen, psychomotorische Erregbarkeit sowie Rasselgeräusche sein.
In der Verlaufsphase treten vermehrt Kurzatmigkeit und Atemnot auf. Durch die Hypoxie sinken Herzfrequenz und Blutdruck.
In der Spätphase schließlich kommt es vermehrt zu Erschöpfungszuständen. Atem- und Herzfrequenz sind verlangsamt. Einzelne Organsysteme können versagen. Unruhe, Verwirrtheit oder auch Krampfanfälle treten auf und führen im schwersten Fall zum Koma.
Bei der Diagnose kommen verschiedene Labor- und Funktionstests sowie Röntgenuntersuchungen des Burstkorbs zum Einsatz. Zur Messung der Sauerstoffwerte nutzen Ärzte die Pulsoxymetrie. Zur Messung der Kohlendioxidwerte im Blut werden Blutuntersuchungen durchgeführt.
Mobilität, Sauerstofftherapie, Beatmung: Behandlung & Therapien
Je nach Grunderkrankung oder Ursache der respiratorischen Insuffizienz wird die Therapie gewählt. Wichtige Ziele sind es, die Lungenfunktion, die Lebensqualität aber auch die Langzeitprognose zu verbessern.
Zu den atemfördernden Basismaßnahmen gehört eine atemerleichternde Positionierung, um die Beweglichkeit der Atemmuskulatur zu fördern und zu unterstützen. Als effektiv zur Atemförderung hat sich auch die Förderung der Mobilität der Betroffenen erwiesen. Mittels Schmerztherapie kann eine Schonatmung verhindert werden.
Chronischen Lungenerkrankungen mit Störungen beim Gasaustausch führen häufig zu einer Hypoxämie, die durch eine Sauerstofflangzeittherapie von mindestens 16 Stunden täglich behandelt werden kann. Versagt die Atempumpe allerdings dauerhaft und kommt es zur Hyperkapnie, wird außerklinische Beatmung notwendig. Diese kann nichtinvasiv über eine Gesichtsmaske oder invasiv über eine Trachealkanüle erfolgen; normalerweise als Positivdruckbeatmung. Patienten mit außerklinischer Beatmung sollten für eine erfolgreiche Therapie an ein Beatmungszentrum angebunden sein. Dabei spielt auch das Thema Weaning, also die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung, eine Rolle.
Von zentraler Bedeutung ist zudem die Behandlung der Grunderkrankung bzw. Krankheitsursache beispielsweise durch Antibiotika bei Lungenentzündung.
Bei dauerhafter invasiver Beatmung sollten sich Betroffene und Angehörige Unterstützung durch einen auf außerklinische Beatmung spezialisierten Pflegedienst holen.
Die logistisch aufwendige invasive außerklinische Beatmung kann in der eigenen Häuslichkeit oder in ambulant betreuten Intensivpflege-Wohneinrichtungen durch speziell weitergebildete Pflegefachkräfte in Zusammenarbeit mit Fachleuten wie Ärzten, Physio- und Atmungstherapeuten erfolgen.
Dabei ist ein durchgehendes Monitoring der Vitalparameter notwendig. Aber auch Frühmobilisation, Sekretmobilisation sowie die Unterstützung beim Abhusten sind wichtige Bestandteile der außerklinischen Beatmungspflege.
- thieme-connect.de
- ncbi.nlm.nih.gov
- aerzteblatt.de
- kk-km.de (PDF-Download)