Patientenberichte • 04.02.2010

Leben mit Spina bifida

Ein Tag mit Sophie

Sophie ist trotz ihrer Beeinträchtigung ein lebensfrohes kleines Mädchen, das seine Familie und sein Pflegeteam täglich ziemlich auf Trab hält.

Ich kam vor 5 Jahren mit einem „offenen Rücken“, einer sogenannten Spina bifida, zur Welt. Mein Gesundheitszustand war sehr angeschlagen. Ich wollte keine Nahrung zu mir nehmen, verschluckte mich regelmäßig und hatte zahlreiche Pneumonien.

Oft setzte während des Schlafs meine Atmung plötzlich aus. Um nicht eines nachts zu ersticken, bekam ich schließlich eine Trachealkanüle. Wenn ich nun im Schlaf einmal vergesse Luft zu holen, übernimmt das mein Beatmungsgerät für mich. Am Tag, wenn ich wach bin, atme ich aber allein.

Auch in meinen Beinen habe ich nicht viel Kraft. Dafür habe ich starke Hände. Ich kann malen, klatschen, kneten und noch viele andere tolle Sachen machen.

Mein Leben mit Spina bifida

Meine ersten Lebensjahre waren für meine Familie (Mama, Papa und mein Zwillingsbruder Alex) und mich nicht immer leicht. Ich habe lange Krankenhausaufenthalte hinter mir.

Mittlerweile geht es mir aber besser, weshalb ich hier erzählen möchte, wie und womit ich meine Familie und mein Pflegeteam den ganzen Tag so auf Trapp halte. 

Morgenstund hat Gold im Mund

Seit März 2009 gehe ich in den Kindergarten. Ich werde in der Woche gegen sieben Uhr von meiner Nachtschwester geweckt. Meist bin ich sehr müde, weil ich am Abend zuvor noch lange mit Mama gespielt und gekuschelt habe. Doch es hilft alles nichts – kaum habe ich die Augen auf, geht es schon los mit der Morgentoilette.

Wir beginnen mit einem nassen Lappen in meinem Gesicht: „Brrrhhh.“ Wenn ich gut drauf bin, wasche ich mich selbst – sogar meinen Bauch und die Arme kann ich mittlerweile schon ganz allein schrubben. Nach dem Waschen wechseln meine GIP-Schwestern meine Verbände, cremen mich ein und ziehen mich an. Fertig!

Das anschließende Zähneputzen finde ich immer noch schwierig. Ich habe einen vorgelagerten Würgereflex und muss daher oft würgen und husten. Allerdings kann ich meinen Mund jetzt schon ganz allein öffnen – wie ein Löwe. Haare kämmen finde ich im Übrigen auch blöd, weil es oft ziept. Meistens halte ich aber still, da ich ja hübsch aussehen möchte.

 

Viele Spielkameraden

Während ich schick gemacht werde, kommt auch schon meine Tagesschwester und packt alles ein, was ich im Kindergarten brauche. Dann ist mein Taxi da und wir fahren gemeinsam in die Kita. Hier fühle ich mich sehr wohl. Es gibt viele Kinder mit denen ich mit dem Puppenhaus oder den Bausteinen spielen kann. Manchmal gehe ich mit einer Freundin in die Kochecke. Außerdem kann ich schon ein bisschen basteln und mit einer Schere schneiden. Das Musikzimmer des Kindergartens finde ich auch prima. Wenn ich etwas nicht alleine kann, helfen mir die anderen Kinder oder die Erzieherinnen.

Mit meinem Rollstuhl kann ich überall hinfahren. Weil ich stets fleißig damit übe, klappt es mit dem Lenken und Bremsen immer besser. Nur wenn ich einmal abgelenkt bin, kann es passieren, dass ich einen Tisch oder die Zehen meiner Schwestern erwische: „Oh, oh!“ Draußen auf dem Spielplatz fahre ich gerne mit dem Dreirad oder einem der Spielzeugautos. Außerdem liebe ich es zu schaukeln oder zu wippen, obwohl ich hierbei immer noch ein wenig Hilfe benötige, da ich ab und zu das Gleichgewicht verliere.

 

Nach dem Mittagessen folgt ein Nickerchen

Bevor es Mittagessen gibt, muss ich auf die Toilette, das heißt, ich werde katheterisiert. Auch mein Essen bekomme ich nicht auf normalem Wege serviert. Da ich mich oft verschlucke, habe ich inzwischen keine Lust mehr selber zu essen. Damit ich trotzdem genügend Nahrung zu mir nehme, werde ich enteral ernährt. Ich habe jetzt so ein komisches Ding an meinem Bauch, einen sogenannten Button, durch das ich mein Essen direkt in meinen Magen bekomme. 

Nach dem Mittag geht es noch einmal in den Waschraum zum Zähneputzen. Zusammen mit den anderen Kindern macht mir das sogar Spaß! Langsam werde ich müde. Meine GIP-Schwester packt meine Sachen zusammen, zieht mich an und ich sage allen „Tschüß“. Dann geht es mit dem Taxi nach Hause. Meine Augen sind schon ganz klein. Ich muss jetzt schnell ins Bett ein Nickerchen machen.

 

Therapien am Nachmittag

Nach dem Mittagsschlaf stehe ich gegen 13.30 Uhr wieder auf. Ich gehe noch einmal zur Toilette, spüre wieder den nassen Lappen vom Morgen in meinem Gesicht und inhaliere. Nach der Nachmittagtoilette beginne ich mit meinen Therapien. Ich erhalte Atemtherapie, Physiotherapie, Logopädie und Frühförderung – natürlich nicht alles auf einmal, sondern jeden Tag eine andere Behandlung, manchmal auch zwei. Vor allem die Atemtherapie mache ich gern, weil dabei der Schleim in meiner Lunge gelöst wird und ich anschließend besser Luft holen kann.

Wenn ich mit den Therapien fertig bin, bekomme ich meine Vespermahlzeit. Dann geht es, sofern das Wetter gut ist, noch einmal raus an die frische Luft. Am liebsten besuche ich die Pferde auf der Koppel oder die vielen großen Kühe. Ich mag auch Hühner, Katzen und Hunde, wenn sie lieb sind. Hunde, die bellen kann ich nicht leiden, weil ich mich dann immer erschrecke und Angst habe. In diesem Fall trösten mich meine GIP-Schwestern und passen gut auf, dass mir nichts passiert.

 

Hin und wieder bekomme ich Besuch

Wieder zu Hause angekommen, gehe ich meist noch ein Weilchen in mein „Stehgerät“, damit meine Beine mehr Kraft bekommen. Manchmal spiele ich auch auf meiner Matte ein paar Minuten ganz allein oder ich turne mit der Schwester auf dem Boden, um meine Muskeln zu stärken. Ich mache gern Musik und liebe es, wenn ich etwas vorgesungen bekomme. Mit Hilfe meines Sprechventils kann ich schon ein paar Wörter sagen. Ansonsten kommuniziere ich mittels vereinfachter Zeichensprache. 

Zu Hause kann ich auch mit meinem Rollstuhl durch die Wohnung fahren. In meinem Zimmer habe ich eine Tafel, an der ich gerne male. Ab und zu lasse ich meine GIP-Schwestern für mich malen – am liebsten mag ich Pferdchen. Hin und wieder bekomme ich sogar Besuch von meiner großen Freundin Franzi. Mit ihr kann ich toll toben und schöne Sachen basteln, die wir dann in meinem Zimmer aufhängen.

 

Der Abend gehört Mama

Am Abend werde ich noch einmal katheterisiert und muss inhalieren. Danach mache ich Töpfchentraining. Und dann? Dann ist endlich Mami-Zeit. Die Schwester geht nach Hause und ich kann viel Zeit mit Mama, Papa und Alex verbringen.

Wir essen gemeinsam Abendbrot, spielen und kuscheln. Oft bin ich wach bis meine Nachtschwester kommt, weil ich Mama davon überzeugen kann, dass ich noch gar nicht müde bin.

Ich blättere in meinen geliebten Zeitschriften und suche nach Bildern, die ich kenne, z.B. Telefon, Computer und Tiere. Wenn meine Nachtschwester kommt, bin ich dann meist doch müde: „Uah“! Sie schließt mich an die Beatmungsmaschine an und im Nu bin ich eingeschlafen. Im Traum freue mich auf den nächsten, aufregenden Tag. 

Sophie

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Was ist eine Spina bifida?

Bei der Spina bifida, die auch als „offener Rücken“, Spaltwirbel oder Wirbelspalt bezeichnet wird, handelt es sich um eine Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, die in verschiedenen Schweregraden auftreten kann.

Die Fehlbildung beruht auf einer Verschlussstörung des Neuralrohrs während der dritten bis vierten Schwangerschaftswoche. Durchschnittlich tritt eine Spina bifida bei etwa einem von 1.000 Neugeborenen auf, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen.

Hurra, ich bin endlich ein Schulkind!

Durch Ihren starken Willen hat Sophie es geschafft und trägt heute stolz ihre Zuckertüte.

Auf dem Internat fühlt sie sich pudelwohl und freut sich jeden Tag auf die Schule.

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